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Strengere Vorgaben für Tech-Riesen Digital Markets Act

Seit dem 07. März 2024 müssen die ersten Unternehmen die Vorgaben des Digital Markets Act (Gesetz über digitale Märkte; kurz: DMA) befolgen. Dieses Gesetz schafft in der gesamten EU klare Pflichten für sog. Gatekeeper: wirtschaftliche starke und auf dem Markt gefestigte Unternehmen, die Online-Plattformen mit einer großen Nutzerbasis betreiben. Ende März hat die EU-Kommission jedoch bereits die ersten Verfahren gegen Apple, Alphabet und Meta wegen möglicher DMA-Verstöße eröffnet. Dabei drohen Geldbußen, die selbst für die Big Tech Unternehmen schmerzlich werden können.

I. Hintergrund

Zweck des Gesetzes über digitale Märkte ist die Gewährleistung bestreitbarer und fairer Märkte im digitalen Sektor. Die EU-Verordnung ist im November 2022 in Kraft getreten, findet jedoch erst seit dem 02. Mai 2023 Anwendung. Konkrete Verpflichtungen treffen die Unternehmen jedoch erst, wenn sie von der EU-Kommission als Gatekeeper benannt wurden.

II. Wer ist Gatekeeper?

Ein Unternehmen wird als Gatekeeper - bzw. Torwächter - benannt, wenn es:

  1. erheblichen Einfluss auf den Binnenmarkt hat,
  2. einen zentralen Plattformdienst bereitstellt, der gewerblichen Nutzern als wichtiges Zugangstor zu Endnutzern dient, und
  3. hinsichtlich seiner Tätigkeiten eine gefestigte und dauerhafte Position innehat oder absehbar ist, dass es eine solche Position in naher Zukunft erlangen wird.

Es wird davon ausgegangen, dass ein Unternehmen die oben genannten Voraussetzungen erfüllt, wenn es in jedem der vergangenen drei Geschäftsjahre

  • in der Union einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Mrd. EUR erzielt hat oder wenn seine durchschnittliche Marktkapitalisierung oder sein entsprechender Marktwert im vergangenen Geschäftsjahr mindestens 75 Mrd. EUR betrug und es in mindestens drei Mitgliedstaaten denselben zentralen Plattformdienst bereitstellt und
  • einen zentralen Plattformdienst bereitstellt, der mindestens 45 Millionen in der Union niedergelassene oder aufhältige monatlich aktive Endnutzer und mindestens 10 000 in der Union niedergelassene jährlich aktive gewerbliche Nutzer hatte.

Ausgehend von diesen Kriterien werden die Unternehmen von der EU-Kommission in einem sog. Benennungsbeschluss als Gatekeeper benannt. In regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch alle drei Jahre, überprüft die Kommission, ob die Anforderungen für die Benennung als Gatekeeper weiterhin erfüllt sind.

III. Welche Verpflichtungen haben Gatekeeper?

Sobald ein Unternehmen als Gatekeeper benannt wurde, hat dieses sechs Monate Zeit, um die Vorgaben des Digital Markets Act zu erfüllen. Dazu gehören insbesondere folgende Verpflichtungen (nicht abschließend):

  • Gewährleistung der Interoperabilität der Plattformen mit Dienstleistungen anderer Unternehmen
  • Keine Herabstufung der Angebote anderer Unternehmen gegenüber eigener Dienstleistungen und Produkte auf der eigenen Plattform
  • Zugriff auf Daten für gewerbliche Nutzer, die diese bei der Nutzung der Gatekeeper-Plattform generieren, ermöglichen
  • Betreibung von Werbung auf der Plattform für gewerbliche Nutzer ermöglichen
  • Unabhängige Überprüfung der Reichweite der eigenen Werbung auf der Plattform ermöglichen
  • Verbot, Nutzer an der Deinstallation vorab installierter Software oder Apps zu hindern
  • Verbot der Nachverfolgung von Endnutzern außerhalb des zentralen Plattformdienstes des Gatekeepers zum Zwecke gezielter Werbung ohne ausdrückliche Zustimmung
  • Zusammenarbeit mit den Diensten der Gatekeeper in bestimmten Situation für Dritte ermöglichen

IV. Welche Konsequenzen drohen, wenn ein Gatekeeper seinen Pflichten nicht nachkommt?

Falls hinsichtlich der Umsetzung dieser Verpflichtungen Bedenken bestehen, eröffnet die EU-Kommission ein Verfahren gegen den entsprechende Gatekeeper. Dabei wird ein Verfahrensabschluss innerhalb eines Jahres angestrebt. Sollte festgestellt werden, dass die Verpflichtungen nicht eingehalten werden, droht eine Geldbuße. Dessen Höchstbetrag liegt bei 10% des im vorausgegangenen Geschäftsjahrs erzielten Gesamtumsatzes - bei wiederholter Zuwiderhandlung innerhalb von acht Jahren sogar bis zu 20%. Außerdem können tägliche Zwangsgelder bis zu einem Höchstbetrag von 5% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr weltweit erzielten durchschnittlichen Tagesumsatzes festgesetzt werden, um den Gatekeeper zur Durchsetzung bestimmter Maßnahmen zu zwingen.

Vor Erlass eines solchen Nichteinhaltungsbeschlusses teilt die Kommission jedoch ihre vorläufige Beurteilung mit und erläutert Maßnahmen, die das betroffene Unternehmen ergreifen könne, um den Verpflichtungen gerecht zu werden.

V. Verfahren der EU-Kommission gegen Apple, Alphabet und Meta

Am 06. September 2023 hat die Kommission sechs Unternehmen als Gatekeeper benannt. Diese Unternehmen hatten bis zum Ablauf des 06. März 2024 Zeit, die neuen Vorgaben umzusetzen.

Zu diesen Unternehmen gehören Alphabet (Google), Amazon, Apple, ByteDance (TikTok), Meta (Instagram, Facebook) und Microsoft. Die EU-Kommission hat jedoch auf Forderungen von Apple und Microsoft bestimmte Dienste ausgenommen wie z.B. Apples Messaging-Dienst iMessage oder den Microsoft-Browser Edge. Dies wurde damit begründet, dass die Relevanz dieser Dienste nicht groß genug sei, um als Gatekeeper Einfluss auf den Markt zu nehmen und so den fairen Wettbewerb zu behindern. Andere Dienste der US-Konzerne gelten jedoch weiterhin als Gatekeeper und müssen seit dem 07. März 2024 den Vorgaben des Digital Markets Act entsprechen.

Die Kommission ist jedoch nicht überzeugt davon, dass Apple, Meta und Alphabet ihren neuen Verpflichtungen gerecht werden. Deswegen hat sie nun Verfahren gegen diese Unternehmen eröffnet.

Einer der Vorwürfe lautet, dass Nutzern von Apple-Geräten die Änderung mancher Voreinstellungen sowie das Löschen einiger vorinstallierter Apps nicht möglich sei.

Alphabet wird vorgeworfen, dass sie auf ihrer Suchmaschine Google eigene Angebote wie Google Shopping oder Google Flights bevorzuge .

Zudem würden sowohl Apple als auch Alphabet App-Entwickler indirekt zur Nutzung ihrer eigenen App-Stores zwingen . Dies geschehe, indem sie andere Anbieter daran hindern würden, über Preise zu informieren und außerhalb des jeweiligen App-Stores von Apple und Google Vertragsschlüsse anzubieten.

In dem Verfahren gegen Meta wird das neue Abonnement-Modell für Facebook und Instagram untersucht. Wer nicht bereit ist, eine monatliche Gebühr zu zahlen, muss zur Nutzung dieser Plattformen personalisierte Werbeanzeigen akzeptieren. Die EU-Kommission befürchtet, dies könne für die Nutzer einem Zwang zur Weitergabe ihrer Daten gleichkommen.

VI. Ausblick

Außerdem können noch weitere Verfahren folgen. So befindet sich die Kommission gerade wegen möglicher Verstöße Amazons in der Vorprüfung.

Die bereits bestehenden Verfahren möchte die EU-Kommission innerhalb eines Jahres abschließen. Dann wird sich zeigen, ob sie mit der Umsetzung der Vorgaben des DMA durch Apple, Alphabet und Meta zufrieden ist. Die drohende Geldbuße (in Höhe von bis zu 10% des Jahresumsatzes) würde wohl bei jedem der drei Unternehmen, die im Jahr 2023 jeweils einen Jahresumsatz von weitaus über 200 Milliarden US-Dollar erzielten, nicht sehr gering ausfallen. Somit scheinen die Sanktionen ein geeignetes Mittel zu sein, um die Unternehmen zur Umsetzung zu zwingen und einen fairen Markt im digitalen Sektor zu gewährleisten. Gegen die Entscheidungen der EU-Kommission steht den Unternehmen jedoch der Rechtsweg zum EuGH offen. Bis endgültig über die Konsequenzen für die Tech-Riesen entschieden wurde, könnte sich demnach noch etwas hinauszögern.

Den genauen Gesetzestext finden Sie hier .


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
2. April 2024

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